TOURTAGEBUCH Ö-TOUR TAG 3
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Dienstag, 06. Juli 2010

Tag 3 - Ein Orgasmus auf dem Fahrrad ; Kitzbühel - Lienz, 134km, 2400HM

 

Huiiii…heute könnt ich wieder seitenweise berichten von diesem Tag. Vor der heutigen Etappe hatten wir alle ein wenig Bammel. Vom Verhältnis Streckenkilometer vs. Höhenmeter das schwierigste Teilstück. Gleich nach dem Start geht’s bergauf. Also gehen wir am besten ein paar Kilometer aufwärmen. Denkste! Weltuntergang in Kitzbühel. Den ganzen Vormittag schüttet es wie aus Kübeln – ohne Unterbrechung. Also so kurz wie möglich vor dem Start zum Einschreiben und Startaufstellung. Nach ca 500m bin ich völlig durchnässt. Aber schon beim offiziellen Start ist das fast nebensächlich. Vollgas im Feld. Muskeln eiskalt. Sicht Null. Weitgehend ein Blindflug. Keine Sekunde hätte ich den Pass Thurn schneller fahren können – am Limit bleibe ich im Feld und schwimme runter in den Pinzgau. Unten ausgekühlt zum zweiten Mal – der nächste Kaltstart wird aber nicht ganz so schlimm wie der erste. Grund ist die sechsköpfige Spitzengruppe, die sich am Pass Thurn gebildet hat. Wie die da weggefahren sind ist mir zwar schleierhaft, freut mich aber weil der Felbertauernpass damit zwar sehr zügig, aber nicht mit so großen Beinschmerzen gefahren wird. Nur unnötig nervös wars im Feld. Und pitschnass – aber das war nichts Neues heute. Ich bin zwar Wassermann und extrem gern im Wasser, aber das war schon ein bissl viel. Woran denkt man da, wenns kalt und nass ist? An die warme Badewanne? Ja, sicher, in manchen Momenten schon – aber ich habe bei schlechtem Wetter, auch wenn ich da nicht so ganz meine Leistung bringen kann, auch einen anderen Zugang. Was würde jemand dafür geben, der nach einem Sportunfall vorläufig im Rollstuhl sitzen muss, dass er beim größten Sauwetter draussen radfahren gehen kann? Wohl alles – oder?
Dominik Brändle und Stefan Mair konnten am Pass Thurn das hohe Tempo im Feld nicht mehr ganz halten und kämpfen sich den ganzen Felbertauern im Konvoi hoch und kommen erst nach dem Tunnel wieder ins Feld zurück. Klasse Kampfgeist, Jungs. Das war sicher nicht einfach. Den knapp 6km langen Tunnel durchqueren wir unter 6min. Leute von Ceramica (Team des Gesamtführenden) – die Schilder mit “80km/h“ gelten für die Autos. Irre. Aber wenigstens wars zum ersten Mal trocken und einigermaßen warm in der Röhre. Unser heutiger sportlicher Leiter, Mario Wauch, meldet uns über Funk den Wetterbericht für Osttirol. Ab Matrei ist es trocken. Ich sehe aber nur Regenwolken – das glaub ich erst wenns soweit ist. Nach dem Tunnel wieder einfrieren auf nasser Strasse. Auskühlen zum Dritten. Aber dann – kurz vor Matrei: die Straße trocknet auf und die Sonne kommt. Mich durchlaufen enorme Glücksgefühle – vor allem Körpertemperaturmäßig. Mit jedem Höhenmeter im Landeanflug auf das Iseltal wird’s sukzessive wärmer. Das ist er – der körperliche Höhepunkt auf dem Rennrad. Mmmhhh…. mit Rückenwind brettern wir Richtung Lienz und lassen uns nach der langen Dusche föhnen. Waren fast wieder sauber.
Das Finale beginnt im Flachen vor der Abzweigung zur Pustertaler Höhenstraße. Gleich unten schreit ein Italiener “Gruppetto“ und ca 40 Mann lassen die Beine hängen. Ich überlege kurz – entscheide mich aber dagegen. Mag ich nicht wenn ichs nicht unbedingt brauche. Es dauert aber lange bis ich auf dieser Rampe in Tritt komme – die Beine waren nach dem kalten Wetter noch nicht so, wie ich es gern hätte. Soll keine Ausrede sein – oben gings dann wieder halbwegs. Ich suche und finde eine gute Gruppe zum nach Hause fahren. Mit dabei auch drei Teamkollegen. Gemeinsam stürzen wir uns nach einem bösen bösen 200HM Gegenanstieg nach der Bergwertung die spektakuläre Abfahrt Richtung Lienz hinunter. Einige Spezialisten in der Gruppe riskieren bei Maximaltempo 96 noch ihr Leben – der Rest fährt sozial, wie es sich gehört wenn es eigentlich um nichts mehr geht, zwischen den Leitschienen runter. Flach noch 8km ins Ziel und geschafft. Kurz, aber sehr knackig war das heute! Ob das so besser ist oder 232km, aber flacheres Terrain, wissen wir am Freitag. Aber soweit denke ich noch nicht – erst klettern wir morgen mal auf das Dach der Tour. Drückt uns die Daumen und dreht zu Mittag wieder den Fernseher auf! Hotel ist heute wieder sehr gut hier in Lienz, nur beim Essen könnens ein bissl schneller greifen ab morgen. Da müssen wir ausnahmsweise mal nicht übersiedeln. Buona notte!


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